Verdichtetes

Wirklichkeit wird überschätzt

Hinter diesen Fenstern eine Welt
und da draußen lebt ein Leben
Menschen haben dort Gefühle
und sie wissen, dass sie lohnen
In diesen Wänden noch lang kein Ende
Keine Wahrheit im Detail
Nur der Vorgeschmack von Liebe
zu viele Gedanken
zu viel Fragerei
Hinter diesen Fenstern beginnt Morgen
Hier drinnen schläft es sich sehr gut
in der abgestandenen Freiheitsluft
Ich muss gar nichts
muss ich doch
Und du wolltest das für jetzt
und nun hast du es für immer
Wissen macht es wieder mal
alles andere als besser
Festgelegt sein auf ein Leben
einen Partner, einen Ort
Ist die Wahl, das was du wolltest,
nur dass du sie jetzt nicht hast?
Hinter diesen Fenstern ist es wirklich
bleib hier drin und lass es sein
Morgen beginnt irgendein Leben
vielleicht nur nicht deins

 

Welches Jahr?

Und du sagst: nebenbei noch bisschen
leben
und ich denk: gerne, wo und wann
und wir sitzen hinter beschlagenen Scheiben
malen mit Fingern kryptische Zeichen
und wundern uns dann
dass niemand
unser Herz erkennen kann

vielleicht ist das mit dem Jung-Sterben
Idee und Antrieb unserer Freizeit
vielleicht Vernichten wir nur gerne
was uns hält und was uns heilt

Diese Kneipe
solche Menschen
diese Themen
welches Jahr?
Alle schweigen viel zu laut
nur das Glas ist immer da

Und du sagst: nebenbei noch bisschen
leben
und ich frag nicht
und ich will es wissen
und wir werden uns nicht erkennen
und wir werden uns nicht erkennen müssen
(2013)

 

Wer für wen

Auf die Freundschaft
Auf das Leben
Und auf alle anderen Lügen
Haben wir bereits getrunken
Und es gibt sie noch immer
Und sie bleibt weiter hier
Diese Sympathie oder
Dieses gute-Gefühl
Oder dieses einfach-Wir

Und ich würd dir gerne sagen
Was man viel zu selten sagt
Doch das versteht dann jeder falsch
Sogar ich, wenn ich mich frag
Deshalb lass ich es so bleiben
Bei dem einfach-wir-Sein
Bei dem morgen-wieder-denken
Bei dem zusammen-allein

Auf die Freundschaft
Auf das Leben
Auf dass lassen-wir-sie-reden
Weil es doch keiner versteht
Weil es gar nicht darum geht
Wer irgendwann mit wem
Sondern wer jetzt für wen
(2013)

 

Eis
Und dann gibt es diese schwarzen Tage
die nicht hell werden wollen
trotz der ganzen Reflexion im Schnee
die dunkel sein wollen und müssen
die ohne dich bleiben wollen und müssen
die ohne mich auch sein könnten
an denen nichts ist
und nichts entstehen wird
aus denen nichts entstehen wird
die für sich stehen und nicht gehen
schwarze Tage
im dunklen Zimmer lösche ich das Licht
das nur so tut als ob
das Gemütlichkeit vorgaukelt
wo eigentlich nur Unruhe ist
Erwartungen schlafen in allen Ecken
unverscheuchbar und unerfüllbar
ein Winterschlaf der Erwartungen
der vielleicht noch ein Jahr dauert
wenn niemand kommt
sie zu wecken
der vielleicht alles überdauert
weil nichts bleibt und nichts reicht
und nur der Schlaf immer ist
irgendwann sogar für immer
doch bis dahin
gibt es diese schwarzen Tage
an denen es keine Ziele und keinen Anfang gibt
die nicht anfangen wollen zu denken
weil denken alles noch schlimmer macht
als mit dem Herzen zu viel zu fühlen
als mit den Augen zu viel zu sehen
an denen man etwas spürt trotz der Kälte
nicht wie das Gefühl von auftauenden Fingern
sondern das Gegenteil
(2012)

 

Nichts zurücklassen

Brenn die Stadt nieder
Lass nichts zurück
Erinnerungen flüchtig
In Kisten gestopft
Versuchungen nachgegangen
Bis unter den Tisch
Wovon keiner redet
Das merkt man sich
Brenn die Stadt nieder
Nimm dir alles
Nimm nichts zurück
Nimm dir den Augenblick
An die Anständigen
Erinnert man sich nicht
Brenn die Stadt nieder
Auch wenn sie dich kriegen
Morgen ist noch so lang hin
Die Zukunft zu groß
Dein Verfolger heißt Gewissen
Doch setz alle Mittel ein
Verführ ihn mit Erlebnissen
Brenn die Stadt nieder
Jetzt oder nie
Heute sind wir jung
Heute sind wir dumm
Heute sind wir nie wieder
Brenn die Stadt nieder
Sie hat es verdient
Aber hüte dich vor denen
Die mit dir verglühen
Denn sie sind schlimmer als wir
Brenn die Stadt nieder
Moral ist ein Spiegel
Nur die Neider fürchten sie
Und dann
Geh wohin du willst
aber bleib bei dir
(2012)

 

Wer fühlt, hat recht

Ich bin so was von
mit mir selbst im Reinen
mein Es und mein Über-Ich
können sich richtig gut leiden

Selbstreflexion oder Depression
Keine Angst oder keine Gedanken
Immer alles sagen
Gegen Es nicht besser wissen
Aus Fehlern lernt man
Oder Jetzt ist es auch schon egal
Die Pointe kommt zum Schluss:
Man hat immer die Wahl

Ich bin so was von
mit mir selbst im Reinen
mein Es und mein Über-Ich
können sich richtig gut leiden

Jede subjektive Wahrheit
hat mindestens einen, den sie trifft
wenn du sie auf die Innenwand wirfst

Und es tut mir manchmal leid
dass ich so schlecht schweigen kann
dabei kommt es auf die Worte
am Ende doch nie an

Authentisch gegen stilvoll
Oder war da gar kein Unterschied
Ich hab viel für dich getan
doch mich belügen werd’ ich nie

Und ich bin so was von
mit mir selbst im Reinen
Mein Es und mein Über-Ich
können sich gut richtig gut leiden

Vielleicht hälst du das für herzenskrank
ich glaube, das ist mutig
jemandem alles zu geben
der nicht mal weiß, was Mut ist

Freundschaft bedeutet
alles sagen zu können
und nichts sagen zu müssen
bei dir bekommt man das Gefühl
keins von beidem zu dürfen

Schade, dass ich immer weiß
was ich will
Der Ängstliche hat nie recht
gegen Wer zuerst verletzt, gewinnt
und hinter dem Vorhang bleibt es still

Aber ich bin so was von
mit mir selbst im Reinen
Mein Es und mein Über-Ich
haben für dich nur noch Schweigen

 

Dezember ist der Monat nach…
Für C.

diesen Weg
der würde, könnte, hätte
hab ich vor Jahren schon verlassen
wenigstens hab ich es versucht
auch wenn wir es jetzt lassen

Und in meiner Erinnerung
erschießen sich
im November Menschen
weil sie das ‘Wir’ nicht
oder zu sehr zu Ende denken

Wir würden uns lieben
Wir könnten was sein
Wir hätten was sein können
doch retten
muss sich jeder allein

 

Archiv der schönen Tage

Ohne Karte
Ohne Führung
Steh ich alleine
vor tausend Türen
Manchmal öffnet sich eine
Manchmal öffnet sich keine

Ohne Antworten
Ohne Sicherheit
Steh ich vor dir
Es tut mir nicht leid

Jeder Mensch braucht etwas
An das er sich hält
Hättest du schon gesehen
Was ich gesehen habe
Hättest du auch gerne
ein Archiv der schönen Tage

Man verliert ja schon die Menschen
Ich will aber das Gedenken
Man verliert ja schon die Momente
Ich will ausgedruckte Pixelelemente
Man verliert ja schon die Gefühle
Ich will papierne Wortspiele
Man verliert ja schon den Zusammenhang
Ich will ein Lied zu jedem Tagesanfang

Wer weiß
Wer er ist
Trägt alles bei sich
Wer sich nie vergisst
Interessiert mich nicht

 

Ein Schiff

Kein Hahn wird nach dir krähen
Du kannst jetzt überall hingehen
Du kannst endlich alles nehmen
Und dich ungestört übergeben

Schau nicht auf den Kalender
Die Zeit wird stets vergehen
Dein Leben läuft jetzt ohne dich
Du kannst es tanzen sehen

Kein Schwein ruft bei dir an
Noch nicht einmal er
Natürlich ist das mehr als Freundschaft
Doch du weißt es erst hinterher

Zähl nicht den Wert des Lebens
Du bist gesund und es geht gut
Die Anderen fragen nach der Zukunft
Du fragst nach deinem Mut

Es wird ein Schiff kommen
Du hast dir noch alles genommen
Deine Pläne sind niemals verschwommen
Es wird ein Schiff kommen
(2011)

 

Wahr und gut und schön

Konsequent bis zur Biegung des Flusses gerannt
Mehr als nur die Hände verbrannt
Lebendigkeit in allen Zellen
Gut gemeinte Lügen haben die längsten Beine
Nimm die Abzweigung zu dir
Lass dein altes Glück alleine
Das Echte zwar kennend, aber es missen
Sich selbst im besten Sinne
Fehler machen lassen können
Weiter ist immer ein neuer Morgen
Erinnerungen sind alles was wir haben
Wenn dein Haus auf Lügen steht
Hälst du dich warm im Keller
Komm wir holen den Abrisshammer
Denn die Kraft die dich leben lässt
Weiß es am Ende besser

 

Deshalb

Weil die Sonne jetzt auch nichts mehr nutzt
Weil mich der Barkeeper hier schon duzt
Weil jede Katastrophe nach deiner Schulter schreit
Weil das Gegenteil von gut ist weiter gut gemeint
Weil Wochen ohne Sinn letztendlich nur vergehen
Weil drei kleine Worte still im Raum stehen
Weil zu viel Alkohol nicht schöner macht
Weil nur der Langsamste zuletzt lacht
Weil so viel Dummheiten auf keine Kuhhaut gehen
Weil hier nur die Kalender in die Zukunft sehen
Weil es immer ohne geht, nur nie gut
Weil unsichtbar bleibt am Ende das Herzblut
Weil jede Hoffnung zu viel Versprechen wäre
Weil zuerst der Ruf stirbt, dann stirbt die Ehre
Weil jetzt auch schon alles egal ist
Weil man eben doch nicht vergisst
(2011)

 

Ohne

Das leere Glas Wein
Ein leeres Lachen
Ein leeres Das-wird-schon
Das leere Erwachen

Und all die tausend Kilometer
gegen für-immer-und-mit-dir
Und all die kurzen Glücksmomente
gegen in-Gedanken-bist-du-hier
Und all die einsamen Stunden
gegen wissen-was-man-hat
Und all die schwachen Momente
gegen zusammen-sind-wir-stark

Das leere Kopfkissen
Ein leerer Scherz
Ein leeres In-drei-Wochen
Das leere Herz
(2011)

 

Seifenoper für Arme

Für dich ist alles künstlich
Du kannst dich nie entscheiden
Denn Kunst lebt vom Konflikt
Doch du kannst darüber schreiben

Wie armselig sind Soap-Klischees
In der Scheinwelt Realität

Du hast gelernt wie im Film zu fühlen
Keiner hat dir erklärt
Dass sogar Independant-Streifen lügen

Wie traurig wirken verdrängte Küsse
Fernab von der Kulisse

Für dich ist alles inszeniert
Du willst Sein und Schein nicht trennen
Denn du kennst nur als szenische Haltung
Was die Anderen Schmerz nennen

Du hast gelernt wie auf dem Theater zu lieben
Niemand hat dir erzählt
Dass alle Drehbücher lügen

Wie absolut wirkt die Anzeige „Ende“
auf einem Blatt: zwei leere Hände
(2011)

 

Weiter?

Die Grenzen zwischen Mitleid und Faszination
fließen ineinander
auf das Gute hoffend, aber wissend
flieht man den Andern

Am Glauben an Bekehrung
zerbricht die Weiblichkeit
irrend und betend
zum Lohnen wär noch so viel Zeit

Diese ungeheure Faszination
jeder Absturz ein Geschehen
doch ich weiß
du beherrscht dein Chaos nicht
du willst nur vergehen

Du tust mir leid
wie du da hängst
zwischen allen Prinzipien
die ich einst aufgab
um sie wieder zu finden
(2010)

 

Zerstörungswut

Mit einem Lächeln abgestürzt
Sehnsucht heim ins tote Land
in dem der letzte Rest Vernunft
ausgeräuchert und verbrannt

Kein Zeichen des Erwiderns
doch Lust auf Explosionen
wo die Zerbrochenen brachen
möcht ich mit dir wohnen

Der schlechte Ruf vermisst sich
unbenutzt und ungespielt
veräußert sich ein Leben
das nach Dramatik schielt

Lange wartet niemand gerne
umsonst wird hoch bezahlt
Festgelegt und fest entschlossen
Zukunftsmusik ist schwer gemalt

Falsch liegen und liegen bleiben
vorher alles kommen sehen
ich will dich gar nicht haben
ich will dich mir nur nehmen
(2009)

 

Wutfrage
Systemverachtende Popmusik aus beiden Boxen
hält die Gedanken doch nicht vom Springen ab
über dich zu schreiben ist immer noch
als zeichnete man den Geruch von Eis aufs Blatt
Warum man jemanden bei sich braucht
Warum du jetzt heimlich rauchst
Warum ein kompromissloser Mensch Kompromisse macht
Warum ein Funken Nichts die Angst entfacht

Das Problem mit der dumpfen Aggression:
sie ist so unsichtbar wie wahr
am Ende weiß man gar nicht mehr
welche Wut zuerst da war
Ist es, dass ich ohne dich nicht sein will?
Ist es, dass dieses Jahrhundert schon zu viel Regen fiel?
Ist es, dass Glück immer nur geliehen oder geklaut ist?
Oder ist es nur, dass die Musik zu laut ist?
(2009)

 

Eben doch

Trinke jeden Moment mit dir
bis zum allerletzten Schluss
und endlich ist es
endlos ohne ein Muss

Lerne meine Schwächen
sie liegen auf dem Tisch
gib kommt von geben
ich lern dich auswendig

Erklär mir die Welt als Witz
Trag mich weiter als nach Hause
Raub mir wieder mal den Atem
Schenk mir eine Panik-Pause

Und dann erinner’ mich daran
dass ich eben doch
manchmal
mit geschlossnen Augen
am Boden vorbei fallend
fliegen kann

 

Wurst und Käse

die Maus in der Falle
war sich nicht egal
doch sie hat es geahnt
es riecht nicht nach Glück
es riecht nach Zigaretten
die dummen Nichtsfrager
werden sich zuerst retten
keiner ist gern alleine
keiner sieht es gerne kommen
doch der leichte Weg
ist noch jedem schwer bekommen
was du nimmst
wofür du fällst
was du wissen willst
was dich hält
hab ich alles mal gewusst
ich wünschte, es wär mir…
ah, Käse!

 

Viel zu frei

viel zu frei
viel zu einerlei
Seelen fressende Münder
Illusionen und Bier
Bilder, die sich ähneln
am Rande des Filmrisses
frühs um vier

und im Wartesaal des Jetzt-Bahnhofs
sitzt eine alte Frau
und murmelt vor sich hin:
geh nicht mehr Schienenlaufen
geh nicht mehr Schienenlaufen
geh nicht mehr Schienenlaufen
man entnimmt ihr das Herz
und es tut, was es will

die Erfahrungen gedacht
die Menschen gezählt
die Schmerzen belacht
man bleibt
oder geht

und im Tanzsaal des Gestern-Friedhofs
kreischte ein kleines Mädchen
in die Stille:
ich will aber Spielen
ich will aber Spielen
ich will aber Spielen
man zertrat sie unter Hunderten
sie erhörten ihre Bitte
(2008)

 

Anfangen

Neue Weichen
Erstes Erkennen
Neue Zeichen
Erstes Brennen
Erste Zeilen
Neue Erkenntnis
Erstes Reimen
Neues Unendlich
Erste Ideen
Neue Szenen
Erstes Sehen
Neues Sehnen
Neue Menschen
Erste Schritte
Neue Grenzen
Erste Blicke
Neue Töne
Erster Duft
Neue Bühne
Erste Lust
Neue Entfaltung
Erstes Tasten
Neue Gestaltung
Erstes Erfassen
Neuer Anfang
Erstes Ahnen
Neuer Klang
Erstes Planen
Neue Ziele
Erstes Verstehen
Neue Spiele
Erstes Vergehen

 

Auf der Straße

Wo gehen die Menschen hin?
Gehen sie
zur Scheidung?
Gehen sie
zur Abtreibung?
Gehen sie
zum letzten Kuss?
Gehen sie
zum Ertrinken im Fluss?
Gehen sie
zum HIV-Test?
Gehen sie
zum heiligen Fest?
Gehen sie
zur Entlassung?
Gehen sie
zur Arbeitsbeschaffung?
Gehen sie
zur Insolvenz-Konferenz?
Gehen sie
zur Testfahrt im Benz?
Gehen sie
zum Einbürgerungsamt?
Gehen sie
zum Asylheim-Brand?
Gehen sie
zum Bildzeitungs-Kauf?
Gehen sie
zum „Frauentausch”?
Gehen sie
zum Sozialarbeiter?
Gehen sie
zum Heimleiter?
Gehen sie
noch weiter?

Nein.
Heute geht er
nur zu ihr
heute geht sie
nur zu ihm
heute macht
alles Sinn

 

Im Karusell

Das könnte, sollte, müsste
hält nicht für ein Leben lang
aber alles
was man gar nicht dürfte
bleibt für immer
in Gedanken

Doch wer immer will
was er nicht haben kann
kommt niemals wirklich an

Und im Karussell des Lebens
war nur noch der Flieger frei
der manchmal abhebt
ganz nach oben
nur um zu landen
er ist aus Blei

Wink nicht aus dem Elefanten
Ich bleibe hier
bis ich wieder fliegen muss
für Hartnäckigkeit
würde sich am Ende
keiner bedanken

 

Tränen zu Lalala

Dirimdumdum Dirimdumdum
aufrecht in den Untergang
Dirimdumdum Dirimdumdum
das endet schlecht und fängt schlecht an
Dirimdumdum Dirimdumdum
alle habens zuvor gewusst
Dirimdumdum Dirimdumdum
schön, wenn keiner lachen muss
Dirimdumdum Dirimdumdum
Gebrochenes das isst man nicht
Dirimdumdum Dirimdumdum
die Lösung scheint verstrikt schlicht
Dirimdumdum Dirimdumdum
wo bleibt die tragische Musik
Dirimdumdum Dirimdumdum
man tanzt und weint zum selben Lied
Dirimdumdum Dirimdumdum
Nichts ödet die Langeweile an
Dirimdumdum Dirimdumdum
das war leider erst der Anfang

 

Wühlen und Begraben

Ich bin ein Dreck. Von mir
Kann ich nichts verlangen
Aber es ist mir ein Trost
Nicht dass es besser wird
Sondern dass es Schmutzige gibt
Andere als uns
Die an Besserung glauben

Dank dir, Bertolt, weiß ich
Auch das wird vorbeigehen
Das Erinnern und keiner
Wird wissen, wer wir waren
Nur ein dreckiges Bild wird liegen
Wo sie den Müll ausschütten
Vor der Vorstadt

Wenn jetzt nachts
Die Stimmen kommen
Und klagen, lese ich
Gedichte oder schreibe
Auf die weißen Blätter
Die schwarz werden vor Scham
Von mir könnt ihr nichts
Als Dreck verlangen

 

Die beste Ausrede

Man könnte ein Leben leben
wie es so viele tun
morgens zur Arbeit hetzen
um abends auszuruhen
Man könnte Samstag Abend
mal wieder Fernseh schauen
an die Liebe glauben
und der Welt vertrauen
Man könnte sich retten lassen
nur nie vor sich selbst
die letzte Chance nutzen
bevor man zu Staub zerfällt
Man könnte Gefühle unterdrücken
ein Reihenhaus bauen
Kredite aufnehmen
und den Hund der Nachbarn hauen
Man könnte einen Zaun ziehen
weiß und perfekt
eine Hecke pflanzen
die nicht zu viel verdeckt
Man könnte das Gegenteil beweisen
von dem was man ist
die eigenen Augen schließen
bis man die anderen vergisst
Man könnte die Sau rauslassen
im Tangokurs für zwei
den Fortbestand der Menschheit retten
mit einer Zahl wie drei
Man könnte sich sicher fühlen
umsorgt und wertvoll
endlich mal Klassik hören
aber nie zu viel Moll
Man könnte besser sein
besser als der Rest
aber die beste Ausrede ist immer noch
dass keiner besser ist

 

Nichts

Das Leben vor uns
Erwartungen in Tagebüchern
Druck auf beiden Herzkammern
Aufgaben der offiziellen Tätigkeit
Es ist nichts zu tun

Leise Musik im Hintergrund
Laute Musik im Vordergrund
Gleichgültigkeit
Verschwimmendes Wissen
Emotionen auf Eis und gerührt
Es bleibt nichts zu tun

Gedanken auf Papier
Zeilensprünge ohne Sinn
Ordnung als Anstrengung
Es bleibt nichts zu tun

Heute noch kein Klingeln
Zeitumstellung
oder umstellt von all der Zeit
Dein Anruf bleibt aus
Man kann nichts tun

 

Perfekt

Am Ende wollen wir alle
doch nur ein Haus am Meer
jemanden, der unsere Sprache spricht
unbegrenzten Reichtum
und die Minibar nie leer

Am Ende sind wir alle
eben doch zu fehlerhaft
brechen irgendwelche Herzen
sagen zu viel Wahres
machen Ernst aus Spaß

Und die Welt wäre viel besser
wären wir alle perfekt
wir stürben zwar aus Langeweile
aber wir wären reich, fett und nett
(2007)

 

Der Zauber des Beginnens

Es singen die Stimmen
von tausend Erinnerungen
jeder Moment kann der schönste sein
ist von Zukunft durchdrungen

und das ist erst der Anfang
wir werden noch viel lernen
wir werden noch viel hoffen
wir werden noch viel lieben
uns stehen alle Türen offen

Es hüpfen die Herzen
im Erkenntnistakt
das Glück liegt in der Tiefe
und die bleibt abstrakt

und das war erst der Anfang
wir werden noch viel lernen
wir werden noch viel hoffen
wir werden noch viel lieben
aber alles Gute ist geblieben

 

Kein Putzplan

weil wir vorgeben zu werden
ohne zu wissen, wer wir sind
du siehst diesem Zimmer an
dass Ordnung mich verwirrt
die Frage nach den Fotos
konntest du dir wirklich sparen
Erinnerung gefesselt
weil Worte stets zu flüssig waren
was die Möbel nicht erzählen
willst du sicher auch nicht hören
bitte sprich nicht vor den Eltern
du könntest ihre Ruhe stören
Staub auf allen Dingen
die wir nicht durchdringen
komm nicht mit dem Wedel
alle zwanghafte Reinheit
verursacht nur noch mehr Nebel

 

Anders sein

Alle wollen anders sein
keiner ist das gern allein
aber wenn alle immer anders sind
verliert das Anderssein den Sinn

Deine Individualität
tut in den Augen weh
deine Einzigartigkeit
ist ständig nur breit
deine Toleranz
wird nicht auf jeden angewandt

Denn alle wollen anders sein
keiner ist das gern allein
aber wenn alle immer anders sind
verliert das Anderssein den Sinn

Deine Kunst
kommt wohl von Wunsch
deine Kritikfähigkeit
tut sogar dem Kritiker leid
deine Individualität
ist dem Trend zu spät

Schließlich wollen alle anders sein
keiner ist das gern allein
aber weil alle immer anders sind
verliert das Anderssein den Sinn

Deine Meinung
fühlt sich an wie gezwungen
deine Vorurteile
baust du in größter Eile
dein Dagegen-sein
scheint nur beqeum zu sein
Aber eines steht fest:
du bist so anders als der Rest

 

Fehler
(für A.K.)

Auf der Straße spielt der Regen
mit der Einsicht blinde Kuh
jede Mauer ruft nach Köpfen
Sinnlosigkeit blinzelt mir zu

Diese Zeit kennt keine Stunde
man vergisst nicht, was nie war
durch den Schleier dieses Rausches
wirken alle Träume wahr

Manche Fehler lehren wenig
über Un- und Sinn des Lebens
aber alle sprechen ewig
von unsrer Hoffnung, unsrem Streben
(2007)

 

Unruhe

Diese Unruhe kennt keinen Namen
und wäre es deiner
so würde sie schweigen
Diese Unruhe erinnert sich der Narben
und willst du sie mehren
das Herz würde sich weigern

Diese Unruhe sucht einen Hafen
und willst du sie halten
so wird sie fahren
Diese Unruhe bereut ihre Taten
doch würdest du sie fragen
so könnte sie nur strahlen

Diese Unruhe war schon immer da
und suchst du ihr Zentrum
so ist es niemals hier
Diese Unruhe wird auf dich warten
und wenn du nicht kommst
erschaffst du sie

 

Freunde

Jetzt werden wir alles überleben
Lässig in den Sesseln lehnend
Die nur Stühle zu sein scheinen
Umnebelt vom Wissen, das wir vergaßen
Immer wieder Danach und Mittendrin
Gewohnt an den Schmerz, der in den Adern gerinnt
Diese Stadt ohne Brücken, ohne Strick und Tabletten
Wenn es nicht anders gehen sollte
Sitzen wir nachts weinend im Kreis
Lass die Sonne ruhig verglühen
Jetzt kann uns gar nichts mehr geschehen

 

Romantische Sache

Als sie einander zwei Jahre kannten
(und man darf sagen: sie liebten sich sehr)
kam ihre Liebe plötzlich abhanden
– im Fundbüro fragte schon gar keiner mehr

Er war traurig. Sie betrog ihn heiter,
versuchte keine Küsse, sagte alles, was war,
und sie sahen sich an und wussten nicht weiter.
Da weinte er schließlich. Und sie war ihm nah.

Mit dem Telefon konnte man zum Fenster gehen.
Er sagte, sie habe sein Herz zweimal gebrochen
und er wolle sie nicht wiedersehen.
In sich hörte sie ein leises Pochen.

Sie ging in viele Bars am Ort
und trank nichts aus kleinen Tassen.
Manchmal war auch der Andere dort.
Sie saß nie allein, und sie sprach Wort für Wort,
doch konnte es einfach nicht fassen

 

Der Haken

Die Beständigkeit
ist schön und gut
doch bleibt sie stets beständig
das Gute an Trennung
ist letztendlich doch:
man trennt sich

Die Vollkommenheit
ist groß und rund
doch bleibt sie stets vollkommen
das Gute an der Angst
ist letztendlich doch:
man ängstigt sich

Das Finden
ist erstrebenswert und rein
doch bleibt es stets erfindbar
das Gute an der Suche
ist letztlich doch:
man sucht sich

Die Liebe
ist sinnvoll und erfüllend
doch bleibt sie stets lieblich
das Schlechte am Vergessen
ist letztendlich nur:
man vergisst nicht
(2007)

 

Desillusioniert

Er kann jede haben
aber er will sie
höchstens bis morgen
Jedes Gefühl, das höher ist
als das Niveau der Gürtellinie
ist ihm verdächtig
Man verliebt sich nicht

Wir wissen zu viel
Wir haben zu viel gesehen
Wir können nicht lieben
Wir können nur die Augen schließen
uns selbst betrügen
die Illusion genießen

Sie kann jeden haben
aber sie kriegt sie
höchstens bis morgen
Jede Vernunft, die weiter reicht
als bis zum nächsten Reißverschluss
ist ihr zuwider
Man verliebt sich so leicht

Wir wissen zu viel
Wir haben zu viel gesehen
Wir können nicht lieben
Wir können nur die Augen schließen
uns selbst betrügen
alles drei Sekunden lang verstehen
(2007)

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